Depression und andere seelische Störungen werden zumeist mit psychotherapeutischen und psychopharmakologischen Methoden behandelt. Dennoch erreicht ein großer Teil der Betroffenen keine Symptomfreiheit.
Die Injektion von Botulinumtoxin A in die Glabella-Muskeln der Stirn ist ein weiterer neuer Ansatz bei der Behandlung dieser Erkrankungen. Die positive Wirkung einer Behandlung hält oft 4 bis 6 Monate lang an.
Botulinumtoxin A ist ein Eiweiß, welches heutzutage gentechnisch aus einem Bakterium gewonnen wird. Wird dieses Eiweiß in winzigen Dosierungen in die Muskulatur eingebracht, schwächt es dort eine Zeit lang die Fähigkeit des Muskels, sich zusammenzuziehen.
Es gibt inzwischen vielfache Versuche, die belegen, dass eine Entspannung der Muskeln, die für das Stirnrunzeln verantwortlich sind, die Stimmung depressiver und ängstlicher Menschen bessert. Starke Stimmungsschwankungen werden vermindert.
Die aktuellen Studien stützen sich überwiegend noch auf die sogenannte Facial-Feedback-Hypothese. Danach durchbricht die Behandlung mit Botulinumtoxin A durch die Entspannung der an einem negativen Gesichtsausdruck beteiligten Muskeln einen Teufelskreis. Der mimische Ausdruck der Depression trägt nämlich erheblich zu deren Aufrechterhaltung bei.
Höchstwahrscheinlich liegen auch Änderungen der neuroanatomischen Verschaltungen und Signalübertragungen dem antidepressiven Effekt von Botulinumtoxin A zugrunde. So beeinflusst die Gabe von Botulinumtoxin A im Bereich der Aufgenbrauen bestimmte Fasern des Trigeminusnervs, was seinerseits wieder eine Überaktivität im Erregungszentrum des Gehirns reduziert.
Die Informationsverarbeitungs-Hypothese geht davon aus, das die Entspannung der negativen Mimik den Hang zum Negativen entschärft.
Laut der Sozialen Hypothese führt die entspanntere Mimik zu positiven Reaktionen der Menschen in der Umgebung, was sich wiederum positiv auf das eigene Befinden auswirkt.
Die ästhetische Hypothese hat sich dagegen nicht bestätigt, denn die antidepressive Wirkung der Behandlung überdauert die Lähmung der Muskulatur zum Teil deutlich. Es ist also nicht das eigene Empfinden höherer Attraktivität, welches zu einer Besserung des Befindens führt.
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